Drehsitz und Let it go ·
Plötzlich ist das Herbstgefühl da. Und hinter uns liegen zwei ziemlich aufregende Jahreszeiten. So viele Informationen, Meinungen, Befindlichkeiten, Verordnungen, Ratschläge, Emotionen und Kontroversen sind im vergangen Frühling und Sommer auf uns eingeprasselt…
Normalerweise mag ich den Herbst nicht so sehr, da er ja immer auch gleichzeitig bedeutet den Sommer loslassen zu müssen und das fällt mir meistens nicht so leicht. Aber dieses Jahr kommt er mir gerade recht! Ich lechze nach Runterkommen, Kerzenschein und Bücher lesen, Reize minimieren und Rückzug.
Meine Asana des Monats September 2020 ist Ardha Matsyendrasana, der Drehsitz, in Verbindung mit der inneren Haltung des Loslassens.
Der Drehsitz bietet eine gute Möglichkeit ganz in der Wahrnehmung des Körpers anzukommen. Wo ist mein linker Arm? Wo mein rechtes Bein? Wo ist meine Schulter, mein Fuß? Die ineinander verknoteten Körperteile fordern unsere ganze Aufmerksamkeit. Wenn ich die Asana im Körper wirklich verstehen will, ist es sinnvoll die Ordnung der Körperteile zu fokussieren und ein Verständnis für die Zugrichtungen zu entwickeln. Dann kann ich mich in die Drehung der Wirbelsäule aufspannen.
Behalte ich in der Asana all das in meiner Aufmerksamkeit, kann ich alles andere für den Moment loszulassen. Ich habe keine Kapazitäten mehr auch noch über irgendetwas anderes nachzudenken, zu grübeln oder mir Sorgen zu machen. Ich kann voll und ganz in die Asana eintauchen und ihre Wirkung auf meinen Körper spüren. Ach ja, und dann noch atmen.
Ardha bedeutet halb. Matsyendra, auch Herr der Fische, wird in yogischen Überlieferungen als wichtige Figur bei der Verbreitung des Yoga erwähnt. Die verschiedenen Matsyendrasana-Varianten sind Matsyendra gewidmet.
Es gibt auch eine mythologische Geschichte dazu:
“Es heißt, dass Shiva einst auf eine einsame Insel ging, um seiner Gattin Parvati die Geheimnisse des Yoga zu erklären. Ein Fisch, nahe an der Küste, hörte konzentriert und regungslos jedes Wort mit. Als Shiva erkannte, dass der Fisch Yoga erlernt hatte, besprengte er ihn mit Wasser. Sogleich nahm der Fisch göttliche Gestalt an und wurde Matsyendra, der Herr der Fische, der später die Weisheit des Yoga verbreitete.”
B.K.S. Iyengar